Ihr erinnert euch an meinen dreiwöchigen Sauerteig-Ansetz-Marathon? Es ist, glaube ich, an der Zeit, diese Geschichte weiter zu erzählen. Wie so oft in großen Epen, geht es um Verrat, einen gescheiterten Helden, womöglich um ein wenig Hinterlist und eine Auferstehung. Nein, ich spreche hier nicht von Ereignissen, die sich vor 2014 Jahren zugetragen haben sollen. Sondern von meinem Sauerteig.
Dem ging es ziemlich lange richtig gut. In einer fest verschlossenen Dose lebte er in meinem Kühlschrank vor sich hin, wurde alle paar Wochen von mir mit Mehl und Wasser gefüttert und durfte als Basis für köstliche Baguettes herhalten. Dann jedoch begann ich ein neues Studium und schwupps, hatte ich weder Zeit zum Brotbacken noch einen Kopf für das, was ich so mühsam gezüchtet hatte. Ich fütterte meinen Sauerteig lange nicht. Sehr lange. Nun begab es sich, dass den eigentlichen Eigentümern der Küche, in der ich vor mich hinkoche, und insbesondere des Kühlschranks, den mein Sauerteig sein Zuhause nannte, diese herangezüchtete Bakterien- und Hefekultur irgendwie suspekt war. Und als diese Eigentümer in meiner Abwesenheit den Kühlschrank putzten, kamen sie zu dem Schluss: dieser Sauerteig kann nicht mehr gut sein. Und warfen ihn weg. (Um eure Nerven nicht zu arg zu strapazieren: auf dem folgenden Bild seht ihr seinen Nachfolger, Roggi den Roggensauerteig)
Ob er nun wirklich hinüber war (was aufgrund meiner Schluderei gut sein kann…) oder ob es einfach nur ein taktischer Kunstgriff der Kühlschrank- und Kücheneigentümer war, lässt sich abschließend nicht mehr klären. Fakt ist jedoch, dass ich im letzten Jahr ohnehin nicht mehr dazu gekommen bin, Brot zu backen und den Sauerteig besser getrocknet hätte.
Als jedoch Zorra vorletztes Wochenende ihren Aufruf zum Synchronbacken eines Apfelbrots startete, war die Gelegenheit günstig. Ein Wochenende ohne Uni oder Arbeit, eine Woche Vorlauf und noch dazu ein Rezept, bei dem ich einen schwachen, jungen Sauerteigstarter/Anstellgut mit Hefe aufmotzen darf. Also habe ich einen Roggensauerteigstarter angesetzt. Ich bezweifle, dass ich damit schon Sauerteigbrot ohne Hefe backen könnte, aber für das Apfelbrot des Synchronbackens hat’s genau gereicht und er hat schön geblubbert. Vorgegangen bin ich beim Züchten wie schon beim letzten Sauerteigmarathon, nur eben sieben statt 21 Tage lang.
Im verlinkten Beitrag bei Zorra findet ihr das Apfelbrot-Rezept fürs Synchronbacken im “Original” bzw. in der von Zorra angepassten Variante mit Hefe. Ich habe außerdem die schnellere der beiden Varianten, die man erst am Samstagabend (und nicht schon am Freitag) angesetzt hat, gewählt und mich während des #Synchronbackens für folgende Änderungen entschieden:
- etwas mehr Anstellgut, da meines ja noch recht jung ist
- mehr Mehl im endgültigen Teig, da er bei mir deutlich zu klebrig war. Habe ich allerdings erst nach dem ersten “Gehen” entschieden, also dann noch einmal fünf Minuten geknetet und mit dem Gehenlassen von vorne angefangen. Insgesamt ging mein Teig dadurch 30 Minuten länger
- längere Backzeit
Das sind alles Entscheidungen gewesen, die natürlich von ganz individuellen Faktoren abhängen. Etwa, wie saftig der verwendete Apfel ist, wie triebstark und wie flüssig euer Anstellgut ist, wie euer Mehl und euer Ofen so sind.
Vom Endergebnis sind ich und die Mitesser begeistert! Das Brot hat eine leichte Süße, hätte dafür aber meiner Ansicht nach auch noch etwas mehr Salz vertragen können. Die Kruste ist schön knusprig, das Brot ließ sich noch warm bestens aufschneiden und ist nicht zerfallen. Die Porung gefällt mir auch gut, man wird (sicher auch aufgrund des vielen Vollkornmehls) gut satt und hat dennoch ein fluffig-leichtes Brot. Als Sonntagabendessen gab es deshalb Brotzeit mit dem Apfelbrot und mehreren Aufstrichen und Belägen. Beim Frühstück ist es jedoch nicht mein Favorit, mit Marmelade ist es mir zu süß. Dafür schmeckt es umso besser mit Wacholderschinken oder Ziegenfrischkäse.
für den Vorteig
60 g backfertiger, aktiver Roggensauerteigstarter (besser etwas fester, Original: 50 g)
30 g Vollkorn-Roggenmehl
70 g Vollkorn-Dinkelmehl
150 g lauwarmes Wasser
für den Hauptteig
300 g vom Vorteig
375 g Weizenmehl Type 550 (Original: 300 g)
50 g Vollkorn-Dinkelmehl
70 g Wasser (Original: 75 g)
1 mittelgroßer Apfel (Tina: Sorte Jonagold)
2 EL flüssiger Honig
10 g feines Salz (Tina würde nächstes Mal eher 15 g nehmen)
5 g frische Hefe (Original: 4 g)
Am Vorabend alle Zutaten für den Vorteig verrühren und in einer Plastikschüssel über Nacht bei Raumtemperatur gehen lassen. Mit Frischhaltefolie locker abdecken.
Am nächsten Morgen den Apfel schälen und (ohne Kerngehäuse) grob reiben. Alle Zutaten, ohne das Salz, in eine Rührschüssel geben und am besten mit der Küchenmaschine kneten. Zorras Angaben für die Kitchen Aid haben bei mir funktioniert: 4 Minuten auf Stufe 1, dann Salz hinzugeben, dann 4-5 Minuten auf Stufe 2. Ich würde den Teig, sollte er danach noch an den Rändern der Schüssel hängen bleiben, noch etwa drei Minuten weiterkneten, bis er sich fast selbstständig vom Schüsselrand löst. Solltet ihr keine Küchenmaschine zur Hand haben, würde ich den Teig mindestens zehn Minuten von Hand kneten und etwa nach der Hälfte das Salz hinzugeben.
Die Schüssel mit Plastikfolie oder einem Küchentuch bedecken und den Teig 30 Minuten gehen lassen. Danach den Teig zweimal falten: Dafür die Finger anfeuchten und sich den Teig quer in Drittel denken. Nun die oberste Teigkante mit den Fingern anheben und auf die untere der beiden Linien zwischen dne Dritteln legen, dann die untere Teigkante ebenso anheben und darüber auf die obere Drittellinie legen, als würde man Briefpapier falten. Dann den Teig um 90° drehen und wieder genauso vorgehen. Teig wieder 30 Minuten gehen lassen, wieder zweimal falten, dann noch einmal 30 Minuten gehen lassen.
Den Teig zu einem runden Laib formen und in ein bemehltes Gärkörbchen legen. Alternativ eine flache, runde Schüssel mit einem sauberen und bemehlten Küchenhandtuch auslegen und den Teig hineinlegen. 60-90 Minuten gehen lassen – der Teig ist backfertig, wenn er bei sanftem Druck mit dem Finger etwas nachgibt und langsam zurückfedert. Den Ofen rechtzeitig auf 240°C Ober-/Unterhitze vorheizen und im besten Fall einen Pizza- oder Backstein (ansonsten ein Backblech, auf das man den Teig später mit Backpapier legt) in der unteren Hälfte des Ofen aufheizen lassen.
Den backfertigen Laib mit einem scharfen Messer einschneiden und in die untere Hälfte des Ofens schieben. Mit einer Sprühflasche mehrere Sprüher Wasser in den Ofenraum geben und die Tür schließen. Nach 20 Minuten kurz den Dampf aus dem Ofen lassen und die Temperatur auf 200°C reduzieren. Dann das Brot 30-40 Minuten fertig backen lassen. Zum Testen, ob es fertig ist, kurz mit den Fingern auf die Unterseite des Brots klopfen – klingt es hohl, ist das Brot fertig. Vor dem Anschneiden etwa 30 Minuten bei Zimmertemperatur auf einem Gitter abkühlen lassen. eat it. love it.
Vielen Dank an Zorra und Sandra fürs Organisieren des Synchronbackens – gerade, als ich Zweifel hatte, ob mein Teig zu flüssig ist, war es unfassbar praktisch, in Instagram die Teiglinge der anderen Teilnehmer live sehen zu können. Und es hat großen Spaß gemacht! Was bei den anderen so herausgekommen ist, könnt ihr hier im großen Round-Up sehen.
zorra meint
Schön, jetzt hast du wieder einen Sauerteig. Bin gespannt, wie es ihm ergehen wird. Danke nochmals fürs Mitbacken. Es hat Spass gemacht und dein Brot sieh toll aus! Nächstes Mal bist du hoffentlich auch wieder dabei!
Sandra Gu meint
Dein Brot schaut großartig aus! Ich fand es auch toll, immer mal gucken zu können, wie es bei den anderen aussieht. Sehr schön, dass Du dabei warst!
Und alles gute für Roggi :)
Susanne meint
Das ist schön geworden, Dein Brot :-)
Kleb ein Schild an Deinen neuen Mitbewohner – “Bitte nicht wegwerfen” ;-)
Tina meint
Danke ihr Drei! War wirklich eine tolle Aktion mit euch :)
nadine meint
Hallo, den Sauerteig für den nächsten noch unbestimmten Backtag hebt man am besten in einem Glas im Kühlschrank auf. Dabei aber, den Sauerteig vorher soviel Mehl zusetzen, dass er faktisch krümelich wird. Aber keine Angst, dass kann er ab. So hält er sich auch ohne Fütterung viele, viele Wochen und wird ganz einfach wie sonst auch reaktiviert. Den wirft so auch niemand aus versehen weg. Weiterhin gutes Gelingen! Nadine